Gruppenausstellung_Über Stille und Schweigen

04.08 - 02.09.23

„Ich liege im Bett und bin wach, aber nichts in mir kann sich bewegen. Meine Augen sind offen und starr, ich kann sie nicht schließen. Ich bin verdammt noch mal wach! – und ES IST STILL“, so beginnt die Philosophin Konstanze Caysa eines ihrer Niederschriften. Es sind dies magische Momente, Gedanken drehen sich, man ist nicht allein. Die Ausstellung „Über Stille und Schweigen“ möchte eine bestimmte ruhige Stimmung auf den/r Betrachter*in übertragen, denn auch das ist die Kraft der Kunst: Uns still werden zu lassen.

 

Die Ruhezustände Stille und Schweigen sind Meister darin uns auf Gedankenreise zu bringen. Den Künstlern liegt darin das Geheimnis der Selbst Geburt, um dabei neue kreative Ideen und Lösungen zu entwickeln. Im Kontext dieser profunden Auseinandersetzung und Hingabe, entstehen höchst kostbare Kunstwerke. Diese ruhige, leise, sachte, lautlose, geräuschlose, bewegungslose und unhörbare Kunst vermitteln den Eindruck, dass etwas fehlt, aber gerade aus dieser ruhigen Tiefe schwingt eine unvergleichliche Schönheit. Der Betrachtende wird zur Kontemplation eingeladen und zu einem Zwiegespräch mit sich und der Kunst. Stille und schweigende Kunst schafft Raum für Gedanken, regt an, gibt spirituelle Energie, beruhigt und erschließt eine neue Ebene des Denkens und Fühlens.

In heutigen turbulenten und komplizierten Zeiten scheinen Stille und Schweigen ein Luxusgut zu sein. Dabei ist die Suche danach, heute besonders dringend. Mit Auszeiten vom Trubel verbinden sich die Eigenschaften von Energietanken, Kontemplation und Ganz-bei-sich-sein. Stille hat etwas Sakrales, kann auch Endpunkt bedeuten, hingegen ist Schweigen stets ein Geburtsort des Neuen.

In der Kunst spielen die Stille und die Schweigsamkeit seit jeher eine wichtige Rolle. Die Geschichte der Bildenden Kunst ist voll von Werken, die zur inneren Einkehr einladen: Bemalungen von Kirchen und Kapellen, Gemälde, die durch ihre Präsentation einladen, sich hinzusetzen, ruhig zu werden und die Kraft der Farben zu tanken. Ihre Charakteristik ist nicht die laute Sensation, sondern die sanfte Erfahrung.

Mit dem Beginn der modernen Kunst, Ende des 19. Jahrhundert, entwickelte sich bei Künstlern die Fähigkeit des entmaterialisierten Sehens. Es ist der Beginn der Abstraktion, die auch Zusammenhänge mit okkulten und esoterischen Ideen aufweist. Die meisten Künstler dieser frühen Abstraktion sind mit spirituellen Strömungen in Berührung gekommen: Taoismus, Anthroposophie, Zen – Buddismus, .. Es ist aber nicht nur die Abstraktion die Stille und Schweigen auf den/ie Betrachter*in überträgt. Wasily Kandinsky sagte dazu: „Die große Abstraktion und die große Realistik, dazwischen kann es viele Kombinationen geben. Maßgeblich sei die innere Notwendigkeit, der innere Klang, also die inhaltliche Absicht, die Botschaft, der Sinn des Werks“. Mithin war nach Kandinsky keineswegs alles und jedes erlaubt, sondern nur das, was mit innerer Notwendigkeit überzeugen konnte. Gerade aus dieser inneren Notwendigkeit entstehen Kunstwerke mit beeindruckender, verführerischen Macht zur poetischen Trance.

Unter den vielen Kunstströmungen des 21. Jahrhundert sind der abstrakte Expressionismus und die Minimal Art die Künste, die am deutlichsten die Stille und die Schweigsamkeit symbolisieren. So zum Beispiel die spirituell geladenen Kunstwerke Mark Rothkos, oder die von schematischer Klarheit und serieller Wiederholung charakterisierten Kunstwerke der amerikanischen Künstlerin Agnes Martin. „Ich male mit dem Rücken zur Welt“, erklärte Agnes Martin, und was sie in ihren strengen Netzen einfangen wollte, war nicht die materielle Existenz, die Erde und ihre unzähligen Formen, sondern die abstrakten Herrlichkeiten des Seins: Freude, Schönheit, Unschuld, Glück und sich selbst.

Stille und Schweigen sind kostbare Momente des künstlerischen Schaffens. Der amerikanische Künstler Ad Reinhard sagte: „Der Malvorgang ist ein Teil der spirituellen Reinigung des Künstlers: In der Leere liegt die Erfüllung.“

Die Gruppenausstellung „Über Stille und Schweigen“ soll zur teilhabender Hingabe anregen, der lauten Welt für einen Moment zu entkommen.

Teilnehmende Künster*innen: Josef Kostner, Flavio Senoner, Andrea Varesco, Andreas Zingerle, Alessandro Del Pero, Marlies Baumgartner und Wilma Kammerer.

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