Der (Im) perfekte Mensch

15.03 - 08.04.24

In der sich ständig weiterentwickelnden Landschaft der sozialen Medien hat das Konzept der Schönheit einen transformativen Wandel erfahren und ist zu einem vielschichtigen und dynamischen Phänomen geworden. Die Plattformen, die unser digitales Leben dominieren, wie Instagram, TikTok und andere, sind zu mächtigen Akteuren bei der Gestaltung und Neudefinition gesellschaftlicher Schönheitsstandards geworden.

 

Die Schönheit ist subjektiv und manifestiert sich allein im Auge des Betrachters. Dennoch sind die Vorstellungen darüber, was ein schöner Körper ist, von Kultur und Gesellschaft geprägt. Die Definition von Schönheit ist ständig im Wandel, kulturelle Prinzipien, Glaubenssätze und Moden bringen zu permanent neuen Vorlieben und Vorstellungen.

Die bildenden Künstler*innen spielen bei der Veranschaulichung und Verstärkung solcher Werte eine Schlüsselrolle. Seit Jahrhunderte haben Menschen Abbilder des Körpers geschaffen. Dieses Thema hat sich über die Zeiten hinaus, als interessant erwiesen, erfährt aber nun in der zeitgenössischen Kunst neue radikale Interpretationen und Sichtweisen.

Schon immer haben die Menschen Hilfsmittel erfunden, um Mängel auszugleichen und sich zu perfektionieren sich selbst in die gesellschaftliche "Norm" einzuordnen. Doch was bedeutet heutzutage der Begriff "Normalität", die perfekte Schönheit?

Heutzutage sind die Menschen in ein komplexes Netz gesellschaftlicher Erwartungen verstrickt, dass durch den unerbittlichen Einfluss verschiedener Medien angetrieben wird. Die allgegenwärtige Natur dieser Medien hat den Druck, eine idealisierte Version von sich selbst zu präsentieren, verstärkt. Vergleiche werden unvermeidlich, und der Wunsch nach Perfektion angestrebt.

Das Zitat von Pablo Picasso „Unter Menschen gibt es viel mehr Kopien als Originale“ bestätigt die unbewusste Tendenz des Menschen zur Aneignung.

Der Druck, das Bild des perfekten Menschen zu verkörpern, hat in der heutigen Zeit ein beispielloses Ausmaß erreicht, was zu einer Vielzahl von Herausforderungen führt. Benutzer nutzen eine Vielzahl von Filtern, Bearbeitungstools und Fotoverbesserungen, um ihr Online-Auftritt bestmöglich zu kuratieren. Dieser Trend verwischt die Grenzen zwischen Realität und digitaler Welt und führt zu einer visuell veränderten Version von Schönheit.

Das unerreichbare Streben nach Perfektion, belastet die psychische Gesundheit und das geistige Wohlbefinden. Ängste, Depression und Selbstzweifeln führen zu einem verzerrten Selbstbild und zur emotionalen Selbstentfremdung. 

Das Ideal des vollkommenen Menschen scheint indessen nicht mehr lange Utopie bleiben zu müssen: Gezielte Eingriffe ermöglichen es zusehends, Funktionsdefizite des menschlichen Körpers zu kompensieren und an Normen anzugleichen. Der Grat zwischen sinnvollen Maßnahmen, welche die individuelle Lebensqualität verbessern, und dem Verlust an der Kultur menschlicher Verschiedenheit wird indessen bedrohlich schmal.

In diesem modernen Szenario ist es von entscheidender Bedeutung, eine Kultur zu fördern, die Authentizität, Individualität, Vielfalt und Selbstakzeptanz zelebriert. Es ist wichtig die unterschiedlichen Definitionen von Schönheit zu erkennen und die Unvollkommenheit des Menschen zu akzeptieren. In dieser Hinsicht möchte die Gruppenausstellung gesellschaftliche, kollektive Vorstellungen hinterfragen und die Standardisierung der Gesellschaft herausfordern.

Künstler*innen: Julia Runggaldier, Marlies Baumgartner, Max Brenner, Paola Grott, Stefan Perathoner, Klaus Rungger, Valeria Stuflesser, Leo Ferdinando Demetz, Josef Kostner und Marko Kostner.

Valeria Stuflesser: Gewalt, Feminismus und digitale Welten sind Themen, mit denen sich Valeria Stuflesser besonders beschäftigt. n ihren Arbeiten geht es um Selbstdarstellung im Netz und die Auswirkungen auf unsere Gesellschaft. 

Klaus Rungger: Klare, energische Linien grenzen ein Menschenbild ein und lassen nur wenige Attribute erahnen. Figuren und Menschenköpfe bis an die Grenze der Auflösung, so präsentieren sich Runggers Arbeiten.

Paola Grott: Ihre Gemälde auf handgeschöpftem Papier sind voller Emotionen. Die Künstlerin bietet uns damit tiefgründige Lesarten des Menschenbildes. Auch die Erotik findet hier eine subtile Botschaft.

Stefan Perathoner: Die Skulpturen des Künstlers zeigen neben ihrem perfekten Realismus auch animalische Züge. In unserer hochentwickelten Zeit bewahren wir diese Prägung in unserem tiefsten Inneren. Perathoner spielt damit auf die Tugenden der Macht, des Stolzes, des Neides, der Eifersucht und der Gier an.

Marlies Baumgartner: Ihre Kunst ist geradezu symbolisch für diese Ausstellung. Sie führt uns die verpixelte Welt der sozialen Medien vor Augen, mit denen wir heute kommunizieren. Wir werden ständig mit Bildern konfrontiert, die oft keinen Bezug zur Realität haben.

Max Brenner: Wie viel hat unser Profil und unser Verhalten in sozialen Netzwerken noch mit dem Individuum zu tun, das wir wirklich sind? Diese Frage steht hinter der Serie „TAAX“, die verschiedene bis zur Unkenntlichkeit verzerrte Selfie-Fotos zeigt.

Julia Runggaldier: Runggaldier hinterfragt tradierte gesellschaftliche Kollektivvorstellungen und fordert die Standardisierung der Gesellschaft heraus. Ihr Fokus reicht von der anfänglichen Entwicklung neuer Körperdarstellungen bis hin zur Offenlegung der aktuellen Verstrickung des Menschen in das Geflecht ökonomischer und ideologischer Zusammenhänge.

Marko Kostner: Kostners Kunst ist keine Kunst der Verführung. Seine nackten Figuren zeigen eine authentische, natürliche Schönheit, die keiner Vervollkommnung bedarf. Damit preist er die Individualität des Menschen als Reichtum der Schöpfung.

Leo Ferdinando Demetz: Seine Skulpturen thematisieren die psychische Belastung, deren Menschen in der gesellschaftlichen Aneignung ausgesetzt sind. Die Gesichtsausdrücke seiner Figuren sind von Resignation gezeichnet.

Josef Kostner: Kostners hat sich in seinem Kunstschaffen stets auf eine Schönheit fokussiert, die fern von jeglicher Ästhetik, die Essenz des Menschsein aufspürt. Seine Figuren beschreiben keinen individuellen, charakteristischen Menschen, sondern sind eine Bündelung von Gefühlen und Ausdrücken der Existenz.

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