Ausstellung „Navel Gazing“ – Julia Runggaldier und Theresa Künig

07.04 - 07.05.22

Die Ausstellung „Navel Gazing“ untersucht eine exzessive Selbstbetrachtung und hinterfragt, ob diese, ein persönliches Vorankommen in dieser Welt möglich macht. Die beiden jungen Künstlerinnen Julia Runggaldier und Theresa Künig enthüllen uns ihre persönliche Suche und Einstellung im Bezug zu diesem Thema.

 

Mit unseren globalen und digitalen Welten sorgt sich jede/r vermehrt um sich selbst. Durch stetige Selbstformung bewirken wir eine skrupellose Selbstbetrachtung. Der französische Philosoph Foucault formulierte es als ein menschliches „Sich-zu-sich-selbst-Verhalten“, als eine Gewissensprüfung und als Streben nach Erkenntnis und Wahrheit. Eine Selbstbetrachtung kann jedoch auch zur Selbstsorge werden. Zweifel, Sorgen und Ängste charakterisieren immer mehr unsere heutige Gesellschaft. Zu viel Selbstkritik kann den Menschen lähmen. Gerade Künstler*innen neigen stark dazu, sich ständig zu prüfen und zu hinterfragen. Dieser gesunde Selbstdialog ist deshalb wichtig, um sich ein eigenes persönliches Weltbild zu erschaffen.

Bereits längst haben uns die digitalen Welten im Griff und steuern unser Denken und Aussehen. Immer mehr sucht und braucht der Mensch Bestätigung des eigenen Selbst, durch Selfies, die in den digitalen Kanälen „Likes“ spähen. Im heutigen Social-Media-Ökosystem gelten derartige Aufnahmen oft als Versuche, positive Aufmerksamkeit zu generieren. Diese Aufnahmen häufen sich auf Social-Media und sind der Beweis einer unsicheren Gesellschaft die ständig ermutigt werden muss. Eine natürliche Selbstdarstellung bleibt dabei oft verborgen.

Die Künstlerinnen Julia Runggaldier und Theresa Künig greifen dieses Thema auf, und blicken dabei mit Ehrlichkeit auf das eigene „Ich“.  Dabei stellen sie eine adäquate und erschöpfende Beziehung zu sich selbst dar und suchen das Wesen der Individuen. Ihr Schaffen ist inspiriert vom Zusammenleben unserer Gemeinschaft im Netz und dessen Fiktionen. 

 

Die tiefe Auseinandersetzung Julia Runggaldiers mit dem eigenen „Ich“ erkennt man an der Vielzahl ihrer Selbstbildnisse. Es sind zutiefst persönlichen Selbstbildnisse, die nicht einfach ihre Erschafferin zeigen, sondern ihre Geschichte darin verewigen. Geistvoll, mysteriös, melancholisch, tiefgründig, abwesend stellt sie sich dar. Mal malt sie ihre Abbildung diskret, fast so, als würde sie sich selbst ausspionieren, und andere Male steht ihr gedankenvolles Gesicht im Mittelpunkt. Dabei ist ihre Selbstbetrachtung als eine besondere Manifestation einer ganzheitlichen Vorstellung des Menschen einzuschätzen. Julia Runggaldier schafft es in einer offenen und mitunter revolutionären Weise in ihren Werken sich selbst zu vermitteln.

Julia Runggaldier ist kritisch, ihr Tun und Handeln stellt sie stets aufs Prüfstand. Die Fragen des Lebens sucht sie in sich selbst. Es beschäftigen ihr die täglichen Gedanken der illusorischen, heutigen Realität; eine inszenierte Realität, in deren (Schau-)Spiel wir die Figuren sind. Diese Art der Selbstbetrachtung und Reflektion bereitet ihr ständig neue Hürden und neuen Ansporn. Sie möchte sich auf keinen Fall an eine Situation lähmen, sondern ist stets für neue Herausforderungen bereit. Resilienz, Verzeihen und Wiedergeburt sind Leitworte ihres Schaffens. Sie hat gelernt aus tiefen Emotionsphasen zu profitieren und daraus neue Chancen zu gewinnen. Aus schlaflose Nächte und Alpträume entfachen grelle Farben in ihrer Farbpalette. Schrille Farben, sowie auch pastellig weiche, kennzeichnen ihre Werke. Grün- und Rosatöne umhüllen diese oft undefinierte Konturen in einem kristallisierten Raum. Diese menschliche Nahaufnahmen auf Leinwand sehen aus wie ruhelose Seelen, mit verzerrter Anatomie. Sie bewegen sich nervös oder liegen passiv da und warten darauf, dass sich etwas ändert, dass die Angst vorübergeht, dass sich unser Blick entfernt.

 

Theresa Künig malt Portraits von Frauen. Es sind selbstbewusste, eigensinnige Charaktere, die dem Blick der betrachtenden Person nur selten ausweichen. Besonders für ihren Publikum zu interessieren, scheinen sie sich jedoch nicht - vielmehr sind sie ganz mit sich selbst beschäftigt, irgendwie entrückt, beachten den Blick von außen nicht. Ob in Gedanken gefangen, melancholisch oder forschend, sie belässt die Einzigartigkeit einer jeden Identität. So wie bei Julia Runggaldier sind auch Theresa Künigs Frauen mit sich selbst beschäftigt, eine Selbstprüfung, zur Suche nach einem Platz auf dieser Welt.

Welchen Gedanken die Frauen nachhängen, verrät ihr Blick nicht, darüber kann nur gemutmaßt werden. Uns bleibt der Blick von außen und das Rätsel über das Fühlen und Denken einer Unbekannten, die einen intimen Moment mit uns teilt, von uns aber keine Kenntnis nimmt. Theresa Künigs Praktika zeigt das Potenzial für eine ehrliche, natürliche Darstellung. Ihre abgebildeten Gesichter vermitteln uns emotionale und zum Teil verhüllte Botschaften, die der Blick des Betrachters auf seine persönliche Art auffangen kann.

 

Beide künstlerische Positionen verbildlichen kein Ausdruck von Narzissmus, Selbstkritik statt Selbstbewunderung. Mit bewusster und realistischer Selbsteinschätzung stellen sie dem Betrachter ihr Weltbild dar.

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